Mit der Vergabe einer Erkundungslizenz an den britischen Bergbau-Riesen und Fracking-Spezialisten Rose Petroleum hat die Staatsregierung am 31. Januar 2014 heimlich, still und leise den Startschuss für Fracking im ganz großen Stil in der Oberpfalz gegeben. Betroffen ist ein 2.600 Quadratkilometer großes Areal nahe der Stadt Weiden. Und das obwohl die CSU immer noch verkündet, dass sie in Bayern gegen Fracking ist. So sagte erst vorgestern Umweltminister Marcel Huber anlässlich des Tags des Wassers: „Bayern sagt Nein zum Fracking, bis jegliches Risiko für Mensch und Natur ausgeschlossen ist." Fracking mit einem Giftcocktail, so der CSU-Politiker, dürfe unsere Umwelt und unser Trinkwasser nicht gefährden.
„Das ist ein Skandal, wie in Bayern die Bürgerinnen und Bürger durch die CSU hinters Licht geführt werden,“ kritisiert der Oberpfälzer Grünen-Abgeordnete Jürgen Mistol das Vorgehen der bayerischen Staatsregierung, „Woanders ist man schlauer“ stellt Mistol fest. Gerade wurde ein Frackingvorhaben in Nordhessen vom dortigen Umweltminister Putterich gestoppt, weil die noch nicht gut erforschte Technik unwirtschaftlich und nicht umweltverträglich ist. „Dies zeigt, wie wichtig ein neues Bergrecht ist, das wir schon lange fordern, um Fracking zu verbieten und für mehr Transparenz und Umweltverträglichkeit zu sorgen“, meint Mistol.
Jürgen Mistol will jetzt Aufklärung zu dem Vorgehen der Bayerischen Staatsregierung. Er stellt deshalb diese Woche folgende Anfrage im Plenum: “Welche Gründe waren ausschlaggebend, die so genannte Weiden-Lizenz zur Aufsuchung von Kohlenwasserstoffen in ihrer beachtlichen Größe zu vergeben, warum ist diese Lizenz bisher nicht zurückgefallen, obwohl über Jahre keine Aktivitäten zu erkennen waren und gibt es in Bayern weitere Lizenzen oder Anfragen zum Aufsuchen von Kohlenwasserstoffen?“
Hintergründe
Für die Vergabe bergrechtlicher Lizenzen ist die oberste Bergbehörde zuständig, die im Wirtschaftsministerium angesiedelt ist. Dort verweigerte man den Landtags-Grünen am Freitag eine Auskunft über den Vorgang.
Klar ist nach deren Recherchen jedoch der Werdegang der bergrechtlichen Lizenz, die über die Jahre mehrfach die Besitzer wechselte und ständig erweitert wurde. Im Jahr 1989 stieß die Stadt Weiden bei einer Bohrung auf der Suche nach Thermalwasser für ihre „Thermenwelt“ überraschend auf Erdöl. Die Stadt hatte daraufhin eine kleine Förderlizenz für die nähere Umgebung Weidens beantragt, diese aber 1991 wieder aufgegeben. Die Lizenz wurde von Preussag/Maxus übernommen und deutlich erweitert. Auch diese Lizenz wurde 1994 wieder aufgegeben. Es gab und gibt keine Möglichkeit zur wirtschaftlichen Förderung der gefundenen Ölvorkommen.
Am 31. Januar 2014 hat nun die Rose Petroleum vom Freistaat diese Untersuchungs-Lizenz erhalten – auf drei Jahre befristet und vordergründig zu Erdölausbeutung. Die Lizenz dient laut dem Unternehmen jedoch zur Aufsuche von Erdöl und Erdgas mittels konventioneller und unkonventioneller (Fracking-) Förderung. Und das macht nach weiteren Recherchen der Landtags-Grünen aus betriebswirtschaftlicher Sicht für das Unternehmen durchaus Sinn. Denn im westlichen Lizenzgebiet liegt Posidonienschiefer, den die Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe als potenziell geeignet für Erdgasfracking einstuft. Das Weidener Erdölvorkommen hingegen fand schon 2002 in der Abhandlung „Rohstoffe in Bayern“ des Wirtschaftsministeriums keine Erwähnung mehr.
Rose Petroleum besitzt über ihre Tochterfirma Parkyn Energy große Fracking-Lizenzen in Polen und für die umstrittenen Erdgas-Aufsuchungsfelder rund um den Bodensee (Konstanz, Biberach). Die Lizenz für das Weidener Ausbeutungsgebiet hält die Naab Energie Gmbh, angesiedelt in Freiburg im Breisgau. Könnte sie ein Unternehmenszweig zur konventionellen Förderung sein? „Unwahrscheinlich“ urteilen die Landtags-Grünen. Gegründet wurde die Naab Energie GmbH am 14.10.2013 zeitgleich mit dem Übergang der Parkyn Energy Germany GmbH an Rose Petroleum. Beide Firmen residieren an derselben Adresse und werden geführt von dem Franzosen Matthew Frost.
Die neuen Erkenntnisse zu mindestens einem groß angelegten Fracking-Vorhaben in Bayern stufen die Landtags-Grünen als brisant ein. Hochgradig verärgert sind sie über eine offensichtlich bewusste Vernebelungstaktik der Staatsregierung, die noch am 28. Februar folgende Stellungnahme veröffentlichte: „In Bayern sind bei den nahezu 1.000 Kohlenwasserstoffbohrungen seit 1888 keine Fracking-Maßnahmen durchgeführt worden und auch für die Zukunft aufgrund der geologischen Verhältnisse auszuschließen“ (Landtags-Drucksache 17/546, Antwort auf eine schriftliche Anfrage des CSU-Abgeordneten Josef Zellmeier).