Neben steigenden Arbeitskosten und Baustoffpreisen ist es vor allem der Anstieg der Grundstückspreise, der das Bauen in Groß- und Universitätsstädten immer teuerer macht und das Problem des Wohnraummangels im Freistaat Bayern signifikant verschärft. Die Schaffung von bezahlbarem Wohnraum ist deshalb eine der drängendsten Herausforderungen unserer Zeit.
Obwohl man in Bayern etwa 70.000 Wohneinheiten benötigt, um den Wohnungsbedarf zu decken, wurden zwischen den Jahren 2018 und 2019 nicht einmal 60.000 Wohneinheiten neu gebaut.
Angesichts dieser akuten Notlage am Wohnungsmarkt fand am 22. Juni auf Initiative der Landtags-Grünen eine Anhörung im Ausschuss für Wohnen, Bauen, und Verkehr des Bayerischen Landtags zum Thema „Bayerische Wohnungsbaugesellschaften und Immobilien Freistaat Bayern (IMBY)“ statt.
Ziel dieser Veranstaltung war es, die bestehende Kooperation zwischen Immobilien Freistaat Bayern(IMBY) und den (staatlichen) Wohnungsbaugesellschaften zu analysieren und zu diskutieren, welche Voraussetzungen für den Bau günstiger Wohnungen geschaffen werden müssen. Es konnte dabei überparteilicher Konsensus erzielt werden dahingehend, dass es dem Freistaat in Zukunft ermöglicht werden solle, eigene Grundstücke unter dem Verkehrswert für die Schaffung bezahlbarer Wohnungen veräußern zu können.
Staatliche Liegenschaftspolitik reformieren
Ausschussmitglied und wohnungspolitischer Sprecher MdL Jürgen Mistol (Bündnis 90/Die Grünen) erinnert das Gremium an die zugrundeliegendenProblematik des sozialen Wohnungsbaus und die Notwendigkeit für Reformdiskussionen: „Diese Anhörung braucht es dringend. Denn die staatliche Liegenschaftsverwaltung ist dringend reformbedürftig — zu langsam und zu teuer”.
Aus den bisherigen Stellungnahmen kristallisiere sich die Forderung heraus, dass eine verbilligte Abgabe staatlicher Grundstücke für den sozialen Wohnungsbau, wie bereits auf Bundesebene oder in Baden-Württemberg, möglich sein muss. Dieser Vorgabe aber stehe derzeit das bayerische Haushaltsrecht im Weg, welches demnach modifiziert werden müsse. Die gesetzlichen Regelungen zu den Aufgaben der IMBYbedürften ebenfalls Neuausrichtung, so Mistol. Dies sei die Voraussetzung dafür, dass sich die IMBY als aktiver, sozial orientierter Player auf dem Grundstücks- und Immobilienmarkt etabliere.
Schwierige Flächen
Auf die Frage, ob die IMBYauch sogenannte „schwierige Flächen“, zum Beispiel große Parkplätze neben Studentenwohnheimen, als Baugrund betrachte, antwortete IMBY-Geschäftsführer Dieter Knauer, dass derartige Grundstücke schlicht wegen Personalmangels bislang noch nicht systematisch untersucht wurden. Es zeige sich aber prinzipiell offen für eine solche Strategie. Die Problematik wird weiterhin verstärkt durch die Tatsache, dass der Freistaat eigenen Angaben zu Folge viel weniger nutzbare Flächen besitze als andere große Körperschaften wie beispielsweise die Deutsche Bahn oder der Bund, laut Knauer.
Transparenz und Kooperation
Neben der Bereitstellung zusätzlicher Finanzmittel für die staatliche Wohnraumförderung, fordert Mistol "mehr Unterstützung bei der sozialgerechten Bodennutzung, kommunalen Bodenbevorratung und Konzeptvorgabe" für Städte und Gemeinden.
Weiterhin seien sowohl eine engere Zusammenarbeit zwischen der IMBY, den bayerischen Wohnungsbauunternehmen und Kommunen als auch eine transparente Immobilienstrategie des Freistaats nötig, um den Anteil an preisgünstigem Wohnraum in Bayern zu erhöhen.
Längere Bindungsdauern
Laut Ulrike Klar, Stadtdirektorin der Landeshauptstadt München, könne auch die Einführung längerer Bindungen im Rahmen der Wohnraumförderung dazu beitragen, dass Mietwohnungen langfristig bezahlbar bleiben. Dieser auch von Mistol unterstützte Vorschlag impliziere zudem eine Koppelung der Bindungsdauer an die Dauer des Erbbaurechts. Die Bindungsfristen der Programme zur Wohnraumförderung seien momentan 25, oder, in Ausnahmen, 40 Jahre lang. “Als Stadt München ist es für uns wichtig, dass diese 40 Jahre festgeschrieben werden”, fordert Klar. Aber auch bis zu 80 Jahre gekoppelte Erbbaurechte seien für der Stadtdirektorin eine Option.
Werben für den öffentlichen Wohnungsbau
Andreas Heipp, Vorstand der Josefstiftung, gibt zu bedenken, dass es in zahlreichen Kommunen eine Abneigung gegen dieöffentliche Wohnungsbau gebe. Man müsse sozusagen eine (auch politische) Kampagne starten, um alle Beteiligten partnerschaftlich einzubinden.
In diesem Kontext ermahnt Mistol die Politik, eine Sprache zu verwenden, die das Positive des öffentlichen Wohnungsbaus herausstreiche. Nur dann werde es gelingen, Akzeptanz für das Bauen von Sozialwohnungen zu schaffen. Die verantwortliche, gemeinnützige Nutzung öffentlichen Grund und Bodens sei schließlich der Schlüssel zu mehr sozialem Zusammenhalt und unser aller Wohl, schlussfolgert Mistol.