Furth im Wald – Knapp 30 Minuten mit dem Fahrrad von der bayerisch-tschechischen Grenze entfernt, doch bis zum Fall des Eisernen Vorhangs mit dem Nachbarland kaum verbunden. 30 Jahre danach ist die Situation ganz anders – es gibt gemeinsame Projekte, Ausstellungen, Menschen von beiden Seiten der Grenze aller Alterskategorien begegnen sich auf alltäglicher Basis. Hier traf sich Jürgen Mistol mit denen, die an der bayerisch-tschechischen Nachbarschaft professionell und/oder privat interessiert sind, zu einem Stammtisch. Gekommen ist u. a. der Leiter des BRK Cham Manfred Aschenbrenner, die langjährige Tschechisch-Lehrerin Jaroslava Seidlmayer, der Stadtarchivar Werner Perlinger und Vertreter des „Freundeskreis Furth im Wald-Domažlice“. Man setzte sich in einer lockeren Atmosphäre zusammen und tauschte sich über Themen aus, die das alltägliche Leben auf der Grenze betreffen.
Seit 30 Jahre kommt man meist entspannt über die Grenze ins Nachbarland. Das bringt viele Vorteile, z. B. kann man quer über die Grenze wandern oder Fahrradfahren und wird sogar im Falle der Fälle mit der schnellst verfügbaren Rettungswache gerettet. Die Rettungskräfte der beiden Länder haben sich zu einem bestmöglichen Rettungseinsatz koordiniert und fahren natürlich über die Grenze, wenn notwendig. Aber, es gibt auch Herausforderungen für das Grenzgebiet, z. B. der Arbeitskräftemangel - ohne die Arbeitskräfte aus Tschechien wäre das wirtschaftliche System in der Region zusammengebrochen, und die Zugverbindung, die weder modern noch der Wichtigkeit der Strecke Prag-München entspricht, muss unbedingt ausgebaut werden.
Viel Bewährtes wird fortgeführt, bei manchen Themen muss man aber mehr Mut zeigen und langfristig auf der politischen Ebene dem Grenzgebiet helfen. Viel Zeit und Kraft nimmt die stets wiederholende Antragstellung zu Projekten, die verstätigt werden müssen. Manche gute Entwicklungen erleben gerade Rückschritte, wie der Erwerb der Nachbarsprache Tschechisch auf der bayerischen Seite der Grenze. Jaroslava Seidlmayer behauptet, „1000 Wörter auf Englisch ist super, 100 Wörter auf Tschechisch öffnet aber sehr viele Türen“. Das verstehen viele nicht und nehmen sich nicht die Zeit, sich mit der Nachbarsprache zu beschäftigen. So kann aber keine gemeinsame Realität und ein Miteinander auf Augenhöhe entstehen.
Denn, die EU-Integration fängt klein an, mit guten regionalen Beziehungen und sinnvollen langfristigen Investitionen, damit positive und bewährte Entwicklungen beständig fortgeführt werden und klare Zukunftsbilder für die Region Furth im Wald – Domažlice, aber auch weitere Grenzgebiete geschaffen werden. Mit einem gutem Miteinander auf der persönlichen, aber auch auf der politischen Ebene über Landesgrenzen hinweg kann man flexibel bleiben, zu passenden Bedingungen und ohne unnötige Hürden eine Arbeit finden oder auch neue Arbeitskräfte einstellen, gesund bleiben bzw. schnell gerettet werden. Das alles ist eine große Bereicherung für alle Beteiligten - darüber herrschte beim Stammtisch in Furth im Wald kein Zweifel.
Vor dem Stammtisch stand ein Museumsbesuch im Landestormuseum im Furth im Wald auf dem Programm. Neben dem „alten Drachen“, der raumgroßen Statue, die jahrelang den bekannten Drachenstich begleitet hat, ist hier die Ausstellung „Grenzerfahrungen“ zu sehen. Sie ist ein grenzüberschreitendes Projekt, Ergebnis der Zusammenarbeit mit der Partnerstadt Domažlice. Anschaulich sieht man hier, wie die Grenzregion sich seit der Zeit der Hussiten-Überfälle über die Vertreibung der deutschsprachigen Bevölkerung und den Eisernen Vorhang bis in die Gegenwart entwickelt hat. Vom Turm des Further Schlosses kann man dann die Grenze gut beobachten.