Rede Jürgen Mistol
Frau Präsidentin, Kolleginnen und Kollegen!
Ich glaube, wir sind uns einig: Der Mangel an bezahlbarem Wohnraum spitzt sich immer mehr zu. Ein Aspekt, aber wirklich nur ein Aspekt dieser Debatte, ist die Mobilisierung von Bauland. Dieser Aspekt ist aber nicht unwichtig. Herr Fackler, ich fand es ein bisschen schade, dass Sie so eine Wahlkampfrede gehalten und dadurch von dem Thema völlig abgelenkt haben.
Ich erwarte mir von einer Regierungsfraktion schon, dass sie auch selber einen Vorschlag auf den Tisch legt. Ich stelle fest: Bislang haben alle Fraktionen einen Vorschlag auf den Tisch gelegt, aber die CSU noch nicht.
(Beifall bei den GRÜNEN, der SPD und den FREIEN WÄHLERN – Zuruf von der CSU: Noch keinen Vorschlag!)
Das Potenzial innerer Entwicklung ist deutlich höher, als man manchmal glauben macht. Zwei Beispiele: Eins kommt aus der Gemeinde Schonungen im Land- kreis Schweinfurt. Hier gibt es knapp 250 unbebaute Grundstücke mit Baurecht. Das zweite Beispiel kommt aus meinem Wahlkreis Schwarzenfeld im Landkreis Schwandorf. Hier gibt es nach den Zahlen von 2017 innerorts 204 unbebaute Grundstücke. Diese Liste wäre sicherlich fast unendlich erweiterbar. Man muss feststellen: Unbebaute Grundstücke und Leerstände innerorts sind für viele Bürgermeisterinnen und Bürgermeister der reine Horror. Dies gilt besonders dann, wenn man eine nachhaltige Ortsentwicklung durchführen will, aber keinerlei Verkaufsabsicht der entsprechenden Grundstücksbesitzerinnen und Grundstückbesitzer besteht. Hinzu kommt: Gerade in prosperierenden Gemeinden steht oftmals kaum mehr Bauland zur Verfügung, das ausgewiesen werden könnte. Insofern ist es für alle diejenigen ein Horror, die sich einerseits dem Grundsatz, Innenentwicklung vor Außenentwicklung und andererseits dem Gebot, sparsam mit Grund und Boden umzugehen, verpflichtet fühlen. Das ist für alle diejenigen ein Horror, die angemessen nachverdichten und Baulücken schließen wollen.
Ich denke, wenn wir es mit dem Flächensparen wirklich ernst meinen und besonders in Ballungsräumen mehr Wohnraum schaffen wollen, müssen wir gerade innerorts dichter und höher bauen. Baulücken und Leerstände können wir uns dort eigentlich gar nicht mehr leisten.
(Beifall bei den GRÜNEN, der SPD und den FREIEN WÄHLERN)
Herr Kollege Fackler, das ist der Grund, warum Städte und Gemeinden händeringend nach entsprechenden Möglichkeiten suchen. Das ist eines der zentralen Themen, das zur Sprache kommt, wenn man sich mit Bürgermeisterinnen und Bürgermeistern unterhält. Die Gemeinden suchen händeringend nach Möglichkeiten, brachliegende Grundstücke und nicht mehr genutzte Liegenschaften einer bedarfsorientierten Nutzung zuzuführen. Hier fehlt es an geeigneten Hebeln, Anreize zur Erschließung von Baulücken zu setzen. Oft gibt es nur mühselige Verhandlungen mit einzelnen Grundstückseigentümern, und man kommt hier nicht richtig weiter. Um hier eine Lenkungswirkung zu erzielen, Anreize zur Bebauung zu setzen sowie einen sparsamen Umgang mit Flächen zu gewährleisten, bedarf es der Lösungen im Steuerrecht. Es gibt noch andere Möglichkeiten, aber auch im Steuerrecht sind Änderungen erforderlich.
Aktuell wird über verschiedene Möglichkeiten diskutiert. Wir GRÜNE hatten selbst einen entsprechenden Antrag vorgelegt. Dieser Antrag sollte das Grundsteuergesetz um eine neue Komponente zur Reduzierung des Flächenverbrauchs ergänzen. Nach unserer Ansicht sollen Kommunen die Möglichkeit bekommen, innerstädtische Grundstücke, die zur Bebauung vor- gesehen sind, die aber brach liegen, höher zu besteuern, andere Grundstücke dafür niedriger. Es geht also um keine Steuererhöhung, sondern am Schluss soll es wieder pari stehen. Insofern ist die behauptete Steuererhöhung kein Argument, das in diesem Zusammenhang überzeugt. Es soll ein finanzieller An- reiz geschaffen werden, solche Grundstücke sowie leerstehende Gebäude für Wohnzwecke zu nutzen.
Der Antrag der SPD zielt auf die Wiedereinführung der Grundsteuer C ab. Das haben wir schon mal ge- habt. Der Städtetag hat sich von diesem Vorschlag nicht wirklich begeistert gezeigt. Sei es nun die Grundsteuer C, sei es, was wir vorgeschlagen oder was die FREIEN WÄHLER kürzlich beantragt haben – es geht um eine praxistaugliche Lösung. Der Antrag der FREIEN WÄHLER hat zu einem Auftrag an die Staatregierung geführt, nach der besten Lösung zu suchen. Wir sollten uns jetzt nicht schon auf ein Instrument festlegen. Deswegen werden wir dem Antrag nicht zustimmen. Aber die Staatsregierung hat den Auftrag zu prüfen. Das entsprechende Instrument soll praxistauglich und gerecht sein. Wir wollen uns jetzt noch nicht auf dieses Instrument festlegen, aber das Thema bleibt auf jeden Fall auf der Tagesordnung.
(Beifall bei den GRÜNEN)