Frau Präsidentin, Kolleginnen und Kollegen!
Es ist eigentlich ein Routinevorgang, dass man nach jeder Kommunalwahl dem Landtag einen Erfahrungsbericht vorlegt und dann Anpassungen im Wahlrecht vornimmt. Herr Kollege Zellmeier, wenn ich von der CSU-Fraktion "Experiment gescheitert" höre, frage ich mich schon, warum das nicht schon in dem Bericht der Staatsregierung gestanden ist, den wir im Landtag vor zwei Jahren bekommen haben. Darin stand nichts dazu. In der Ersten Lesung des Gesetzentwurfs hat die CSU-Fraktion in dieser Hinsicht kein Jota erzählt. Sie haben sozusagen ganz zum Schluss, auf den letzten Drücker, noch einen Änderungsantrag eingebracht. Wenn Sie von Anfang an "Experiment gescheitert" gesagt hätten! Aber mittlerweile ist die Kommunalwahl drei Jahre her. Deshalb ist das, was Sie uns auftischen wollen, wirklich wenig glaubwürdig.
(Beifall bei den GRÜNEN und Abgeordneten der SPD)
Herr Kollege Zellmeier, Sie reden von einem Thema, das für Stimmungsmache nicht geeignet ist. Da redet wirklich der Richtige.
(Beifall bei den GRÜNEN – Heiterkeit bei Abgeordneten der SPD)
Dass Sie, verehrte Kolleginnen und Kollegen, ausgerechnet das dröge Thema Kommunalwahlrecht benutzen, um Ihre fraktionsinternen Machtspiele auszutragen, und ein regelrechtes Schmierentheater zulasten der kommunalen Demokratie aufführen, hat mich sehr befremdet.
(Beifall bei den GRÜNEN und Abgeordneten der SPD und der FREIEN WÄHLER)
Kolleginnen und Kollegen, mit Ihrem kurzfristigen Vorstoß, zum Stimmauszählungsverfahren d’Hondt zurückzukehren, haben Sie offensichtlich nicht nur die Opposition, sondern auch die Staatsregierung, allen voran Ministerpräsident Seehofer, überrumpelt. Vielleicht ist es auch umgekehrt: Seehofer hat Sie auflaufen lassen. Sie werden selber beantworten können, wie herum es tatsächlich geschehen ist. Fakt ist, dass d’Hondt 2010 abgeschafft worden ist, weil es erwiesenermaßen die großen Fraktionen bevorzugt und die kleinen tendenziell schwächt. Dass Ihnen der Systemwechsel damals schon lästig war, kann man im Plenarprotokoll nachlesen. Der Redner der CSU-Fraktion hat bei der Zweiten Lesung zu dem Gesetzentwurf, glaube ich, drei Sätze gesagt. Darauf kann man sich so seinen Reim bilden.
(Ingrid Heckner (CSU): Aber dann sind wir wenigstens konsequent!)
Jetzt schieben Sie vor, Sie wollten ein Erstarken der populistischen Parteien und eine Zersplitterung kommunaler Gremien verhindern. Auch das ist nicht glaubwürdig, Herr Kollege Zellmeier. Tatsächlich zeigen Sie mit dem Änderungsantrag, den Sie eingebracht haben, Ihr wahres und altes Gesicht: das einer Arroganz der Macht, die ihre absolute Mehrheit schamlos ausnutzt, um die politische Konkurrenz kleinzuhalten.
(Beifall bei den GRÜNEN und Abgeordneten der SPD und der FREIEN WÄHLER)
Sie hätten vorletzte Woche im Innenausschuss Ihr Vorhaben durchpeitschen können. Auf eine Machtprobe haben Sie es aber offensichtlich nicht ankommen lassen wollen. Wir GRÜNE haben Ihnen mit unserem Antrag, eine Anhörung durchzuführen, offenbar einen sehr großen Gefallen getan.
(Hans-Ulrich Pfaffmann (SPD): Leider, leider!)
Sie haben heute ja den Wunsch nach einer Anhörung gelobt. Sie hätten selber auf die Idee kommen können. Wenn Ihnen eine Anhörung so wichtig ist, hätten Sie selber den Antrag auf eine Anhörung einbringen können. Ich stelle fest: Sie haben es nicht getan.
(Beifall bei den GRÜNEN – Josef Zellmeier (CSU): Wir gönnen euch den Erfolg!)
Dass es bei Ihnen intern im Gebälk knirscht, zeigt sich nicht nur bei diesem wirklich trockenen Thema. Das zeigt sich auch deutlich bei anderen Fragen. Ich nenne nur als Beispiele die Themen G 8/G 9, Riedberger Horn und dritter Nationalpark.
(Beifall bei den GRÜNEN – Josef Zellmeier (CSU): Aber bei uns ist noch niemand ausgetreten, Herr Kollege!)
Kolleginnen und Kollegen, der GRÜNEN-Landtagsfraktion geht es bei dieser Frage nicht um das politische Kalkül. Uns geht es auch nicht darum, irgendwelche Machtspielchen innerhalb der CSU-Fraktion aufzulösen. Uns geht es um die Sache. Wir wollen, dass auch künftig bei Kommunalwahlen kleine Parteien und Wählergruppen nicht benachteiligt werden; denn Pluralität ist ein Ausdruck einer starken Demokratie.
(Beifall bei den GRÜNEN)
Kolleginnen und Kollegen, den Anträgen der FREIEN WÄHLER und der SPD werden wir zustimmen.
(Unruhe – Glocke der Präsidentin)
Denn allein aus mathematischer Sicht wäre die Rückkehr zu d’Hondt ein Fehler. Das haben zahlreiche Mathematiker in Mails, die wahrscheinlich alle bekommen haben, schon dargelegt. Ich möchte nur eine Äußerung meines Ausschussvorsitzenden Florian Herrmann anführen: Es geht nicht um Politik, sondern um Mathematik; wir wollen, dass der Wählerwille wie- der gerecht abgebildet wird. – Weder mir als Nichtmathematiker noch offensichtlich den Mathematikern erschließt sich diese Aussage. Aber vielleicht lassen Sie sich ja im Rahmen der Anhörung noch eines Besseren belehren. Vielleicht sind Sie lernbereit, was Mathematik angeht.
(Josef Zellmeier (CSU): Politik ist mehr als Mathematik, Herr Kollege!)
Vielleicht denken Sie noch einmal darüber nach, ob Ihr Änderungsantrag so klug war.
(Beifall bei den GRÜNEN und Abgeordneten der SPD und der FREIEN WÄHLER)