Rede Jürgen Mistol
Herr Präsident, Kolleginnen und Kollegen!
Ich würde gerne noch einmal in Erinnerung rufen, warum wir uns am Ende der heutigen Plenarsitzung überhaupt mit diesem Thema beschäftigen müssen. In der aktuell noch amtierenden Koalition in Berlin haben sich CDU/CSU und SPD nämlich nicht einigen können. Als kleinster gemeinsamer Nenner kam heraus: Die einzelnen Länder sollen selbst entscheiden, ob und wie sie von diesem Baulandmobilisierungsgesetz Gebrauch machen.
Kolleginnen und Kollegen, dies ist eine Politik, die nicht nur zäh ist, was den Zeitfaktor anbetrifft, sondern darüber hinaus auch kompliziert und bürokratisch ist. Wenn man es bei Lichte betrachtet, ist das, was Union und SPD auf Bundesebene fabriziert haben, nur etwas, das so tut, als sei es Politik, weil es bislang, zumindest in Bayern, keinerlei Konsequenzen hat – null, nada, gar nichts.
Solche Formelkompromisse darf es in einer zukünftigen Regierungskoalition auf Bundesebene nicht mehr geben, wenn man den Anspruch hat, für die Menschen im Land wirklich etwas Positives bewirken zu wollen.
(Beifall bei den GRÜNEN – Zuruf: Bravo!)
Kolleginnen und Kollegen, es drängt: denn die Immobilienpreise in Bayern steigen ungebremst. Trotz der nicht überwundenen Pandemie wurden Wohnungen und Häuser, neu und gebraucht, in den letzten sechs Monaten landesweit im Schnitt um 4 % teurer. Noch schneller aber steigen die Preise in München, um über 10 %. Da hat jemand geschrieben: Das ist Überhitzung. – Ich sage Ihnen, Überhitzung ist als Begriff ein Euphemismus. Da brennt es mittlerweile lichterloh. Wir müssen da etwas tun, denn sonst ist der soziale Zusammenhalt wirklich gefährdet. Mein Fazit ist, die Corona-Pandemie hat die Nachfrage auf dem Wohn- und Immobilienmarkt nicht gebremst, sondern, im Gegenteil, stark angetrieben und teilweise – und darum geht es in diesem Baulandmobilisierungsgesetz – vom Miet- ins Eigentumssegment umgelegt. Bayernweit ist auch der Mangel an Baugrund ein treibender Faktor für den Preisanstieg.
Vor diesem Hintergrund halten wir GRÜNE es für völlig unverantwortlich, dass Sie, verehrte Kolleginnen und Kollegen der Regierungsfraktionen, die Hände seelenruhig in den Schoß legen und die Umsetzung des Baulandmobilisierungsgesetzes auf Landesebene unnötig und absichtlich verschleppen. Ich hatte vor der Sommerpause schon eine Anfrage an Ihre zuständige Ministerin gestellt. Sie ist da, und sie weiß nicht, ob sie es überhaupt anwenden will. Gut, zumindest war sie im Vorfeld so ehrlich und hat aus ihrer Abneigung gegen große Teile des Gesetzespakets kein Hehl gemacht.
Kolleginnen und Kollegen, erschwerend kommt hinzu, dass die Regelungen ohnehin bis 2025 bzw. 2026 zeitlich befristet sind. Umso unverständlicher ist die Verweigerungshaltung, zumal dem Freistaat durch die Maßnahmen keinerlei Nachteile entstehen. Zum Schluss entscheiden doch die Kommunen, ob sie von den Möglichkeiten wie dem Genehmigungsvorbehalt bei der Umwandlung von Miet- in Eigentumswohnungen überhaupt Gebrauch machen. Ich sage Ihnen, meine Kolleginnen und Kollegen von der CSU und den FREIEN WÄHLERN, kommunalfreundlich geht anders, unbürokratisch geht anders und mieterfreundlich geht auch anders.
(Beifall bei den GRÜNEN)
Wir GRÜNEN fordern Sie vor diesem Hintergrund erneut auf, die notwendigen Landesverordnungen zur Anwendung des Vorkaufsrechts, des Baugebots, des Umwandlungsverbots schnellstmöglich und in enger Abstimmung mit den kommunalen Spitzenverbänden auf den Weg zu bringen. Insbesondere fordere ich Sie auf, im Hinblick auf das Umwandlungsverbot darauf hinzuwirken, dass es bereits ab einem Wert von drei Wohnungen greift. Schließlich ist längst belegt, dass die Umwandlung von Miet- in Eigentumswohnungen nicht zur Förderung des Wohneigentums beiträgt, sondern es sich lediglich um ein Renditemodell handelt, das den sozialen Zusammenhalt in unseren Städten wirklich gefährdet. Insofern werden wir dem Antrag der SPD zustimmen.
Noch ein Wort an Herrn Kollegen Baumgärtner, der gefragt hat: Wer ist Brandl? – Ja, wer ist Brandl? Das ist schon sehr bemerkenswert. Brandl ist offensichtlich jemand, der weiß, wie wichtig es ist, dass der soziale Zusammenhalt erhalten bleibt.
(Beifall bei den GRÜNEN)
Es ist wirklich wichtig, dass der soziale Zusammenhalt erhalten bleibt. Offensichtlich ist er jemand, der noch weiß, dass man näher am Menschen sein muss, sonst würde er nicht so agieren, wie er agiert. – Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.
(Lebhafter Beifall bei den GRÜNEN)