Frau Präsidentin, Kolleginnen und Kollegen!
"Wohnungen, Wohnungen, Wohnungen!" Unter diesem Motto legt die Staatsregierung im Jubiläumsjahr Bayerns 2018 mit einer Wanderausstellung das Augenmerk auf 100 Jahre Wohnungsbau in Bayern. Wirft man einen Blick auf die Geschichte des sozialen Wohnungsbaus, dann werden auch Sie, Frau Staatsministerin Aigner und Herr Staatssekretär Zellmeier – ich darf Sie bei dieser Gelegenheit ganz herzlich im Reigen der Wohnungspolitiker hier im Landtag begrüßen –, feststellen: Früher gab es deutlich mehr sozialen Wohnungsbau.
(Beifall bei den GRÜNEN und den FREIEN WÄHLERN)
Im Jahr 1929, einem Jahr der Wirtschaftskrise, wie wir alle wissen, wurden in Bayern knapp 16.000 neue Sozialwohnungen gebaut. Für 2018 werden von der Staatsregierung gerade einmal 7.000 neue Sozialwohnungen angestrebt. Das ist durchaus ein ambitioniertes Ziel, angesichts der wohnungspolitischen Versäumnisse im letzten Jahrzehnt. Verglichen mit dem Jahr 1929 ist das Ziel aber überhaupt nicht ambitioniert, sondern sehr bescheiden.
(Eberhard Rotter (CSU): Damals waren aber die Standards anders!)
– Herr Kollege Rotter, leider fällt auch die Halbzeitbilanz des Wohnungspaktes Bayern sehr mager aus. Von den jährlich geplanten 7.000 Wohnungen konnte 2016 mit 3.932 Wohnungen – da sind die Heimplätze eingerechnet – gerade einmal etwas mehr als die Hälfte der Zielmarke erreicht werden.
Frau Staatsministerin, Ihr Gesetzentwurf zur Ausweitung der Wohnraumförderung ist notwendig. Damit bekämpfen Sie aber wieder einmal nur die Symptome des Wohnraummangels in Bayern, aber nicht die Wurzel des Problems. Derzeit werden 47 % der bayerischen Haushalte durch die Förderinstrumente er- reicht. Um wieder 60 % zu erreichen, die 2007 als Ziel ausgegeben wurden, werden die Einkommensgrenzen jetzt wieder angehoben. Das ist gut so. Alles in allem ist die Zielsetzung unstrittig. Dennoch bedarf es aber weiterer Anstrengungen seitens der Staatsregierung, um die Wohnraumförderung auf eine breitere Basis zu stellen. Im Rahmen der Beratungen zum Nachtragshaushalt hätten Sie ein wirklich deutliches Signal geben sollen, nicht nur Brosamen, Herr Kollege Rotter. Sie hätten ein wirklich deutliches Signal zur Aufstockung der Landesmittel für die Wohnraumförderung geben können. Ich sage: Chance vertan. Sie haben gesagt, das sei ein absoluter Höchststand. Das ist aber schon ein bisschen Geschichtsklitterung, Herr Kollege Rotter. Nur weil die Bundesmittel so hoch sind, haben wir jetzt einen Höchststand.
(Unruhe – Glocke der Präsidentin)
Blicken wir zurück. Ich muss gar nicht bis 1929 zu- rückgehen, nehmen wir doch das Jahr 1993: Da haben wir über 600 Millionen Euro – der Betrag ist bereits in Euro umgerechnet – nur für die Wohnraumförderung gehabt. Sie haben in Ihr Rechenbeispiel noch andere Gelder eingerechnet. Wenn wir es 1993 geschafft haben, so viel Geld bereitzustellen, zu einem Zeitpunkt, als das Geld noch viel mehr wert war – damals sind nämlich viel mehr Wohnungen herausgekommen im Vergleich zu heute –, dann haben wir doch wirklich Nachholbedarf.
Kolleginnen und Kollegen, ebenso vermisse ich ein klares Bekenntnis zur Verlängerung des Wohnungspakts über das Jahr 2019 hinaus. Darüber haben wir schon gesprochen. Dazu gehört auch die zweite Säule. Da bin ich ganz bei Ihnen. Sie läuft ganz gut. Sie ist für viele Kommunen eine gute Sache, die auch angenommen wird. Darüber hinaus brauchen wir aber endlich Maßnahmen, um mehr Mietwohnraum in die Sozialbindung zu bringen bzw. in der Sozialbindung zu halten. Aus Sicht des Mieterbundes Bayern brauchen wir jährlich 15.000 bis 20.000 neue Sozialwohnungen, um dem kontinuierlichen Abschmelzen des Wohnungsbestands etwas entgegenzusetzen. Immer mehr private Bauträger kommen in den Genuss staatlicher Fördergelder. Deshalb sind langfristig verlässliche Förderkonditionen festzulegen. Der Neubau allein kann den Bedarf nicht decken. Durch die Möglichkeit der Verlängerung bestehender Bindungen, mit dem Instrument der mittelbaren Belegung sowie der Förderung von Miet- und Belegungsbindungen bei bestehendem Wohnraum kann sehr viel für die Sozialbewirtschaftung getan werden.
Bei der einkommensorientierten Förderung muss dringend nachgebessert werden. Menschen mit niedrigem Einkommen sind nur unzureichend vor Mieterhöhungen geschützt. Bedauerlicherweise haben Sie unseren Antrag zur Deckelung der Mieterhöhungen nach dem Beispiel des Münchner Modells abgelehnt.
Kolleginnen und Kollegen, Frau Staatsministerin, räumen Sie dem sozialen Wohnungsbau endlich Vorfahrt ein. Die notwendigen Steuerungsinstrumente dafür halten Sie in den Händen. Wo ein Wille ist, ist auch ein Weg. Ich sage: Klotzen statt kleckern. Das ist die Devise. Bringen Sie endlich eine dauerhafte und verlässliche Förderung auf den Weg.
(Beifall bei den GRÜNEN)