Rede Jürgen Mistol
Frau Präsidentin, Kolleginnen und Kollegen!
Es gibt eine Reihenfolge. Wenn mehrere Fraktionen gemeinsam einen Gesetzentwurf einreichen, dann sind diese Fraktionen zuerst dran.
Der Fokus liegt auch auf dem Wort "gemeinsam". Gemeinsam mit den Fraktionen der CSU, der FREIEN WÄHLER und der SPD bringen wir GRÜNE heute einen Gesetzentwurf zur Änderung des Bayerischen Abgeordnetengesetzes und – ich füge hinzu – zur Stärkung der Debattenkultur in den Landtag ein.
Es stellt sich die Frage: Warum müssen bei den Ordnungsmaßnahmen, mit denen wir hier im Hause über Jahrzehnte hinweg gut zurechtgekommen sind, im Bayerischen Abgeordnetengesetz überhaupt nachschärfen? – Auf diese Frage gibt es eine ganz klare Antwort: Seit dem Einzug der AfD in diesen Landtag in der letzten Legislaturperiode hat die Debattenkultur enormen Schaden genommen. Die AfD beschimpft und beleidigt; sie hetzt, und sie macht demokratische Institutionen verächtlich. All das hat bei der AfD Methode. Sie provoziert gezielt, um Schlagzeilen zu generieren – das zeigt die hohe Zahl von Rügen, die in der letzten Legislaturperiode in Richtung der AfD ausgesprochen wurden.
Die AfD lässt sich von einer Rüge offenbar nicht beeindrucken. Das ist das Learning, das wir gehabt haben. Sie lässt sich in den sozialen Medien für Rügen sogar feiern, und sie trägt diese wie Trophäen vor sich her.
Das Ordnungsgeld, das wir einführen, ist ein weitaus schärferes Schwert, schärfer als der Ordnungsruf; in besonders krassen Fällen droht der Ausschluss von bis zu zehn Sitzungen.
Kolleginnen und Kollegen, ich bin der festen Überzeugung, dass das Innere des Parlaments geschützt werden muss. Auch Verstöße gegen die Hausordnung durch Abgeordnete dulden wir nicht. Wir akzeptieren hier im Haus keine Trinkgelage Abgeordneter mit rechtsnationalen Burschenschaftlern wie im letzten Jahr.
(Beifall bei den GRÜNEN und der CSU)
Auch in solchen Fällen kann das Präsidium künftig gegen Abgeordnete ein Ordnungsgeld in Höhe von bis 2.000 Euro und im Wiederholungsfall von bis zu 4.000 Euro festsetzen, und das ist gut so.
Aber wird das alles ausreichen? – Ich fürchte: Nein. Im nächsten Schritt wollen wir GRÜNE erreichen, dass von Abgeordneten beschäftigte Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die eindeutig nicht auf dem Boden der Verfassung stehen, künftig nicht mehr aus Steuergeldern bezahlt werden. Nicht erst seit den BR-Recherchen zur Mitarbeiterbeschäftigung wissen wir: Wir haben es mit Leuten zu tun, die sich in Vereinen, Burschenschaften, Institutionen und Netzwerken tummeln, die als rechtsextrem eingestuft sind. Das ist alarmierend. Hier sagen wir GRÜNE: Da müssen wir weiter nachschärfen.
(Beifall bei den GRÜNEN)
Kolleginnen und Kollegen, wie wir als Abgeordnete im Landtag miteinander umgehen, wie wir miteinander diskutieren, beeinflusst unsere demokratische Kultur. Es prägt das Bild von uns Parlamentariern bei den Menschen draußen. Wenn im Landtag wild gepöbelt, beschimpft, beleidigt wird, warum sollten sich die Leute im Land dann anders verhalten? Wir müssen uns unserer Vorbildfunktion wirklich bewusst werden; denn viele Umfragen zeigen uns, dass das Vertrauen in die politischen Institutionen abnimmt. Hiergegen steuern wir heute an.
Wenn Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter von Abgeordneten, die ganz offensichtlich nicht auf dem Boden der Verfassung stehen, mit Steuergeldern bezahlt werden, kann das das Vertrauen der Menschen in dieses Hohe Haus ebenfalls erheblich erschüttern. Das nehmen wir uns für morgen vor. Ich freue mich auf die Beratungen im Ausschuss. – Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.
(Beifall bei den GRÜNEN)
Präsidentin Ilse Aigner: Herr Kollege, es gibt noch eine Zwischenbemerkung. Dann sage ich gleich noch etwas zur Geschäftsordnung über die Rednerreihenfolge, aber erst die Zwischenbemerkung vom Kollegen Florian Köhler.
Florian Köhler (AfD): Herr Kollege Mistol, Sie haben gerade gesagt: Wie wir miteinander umgehen, das präge die Diskussionskultur. Ich stimme Ihnen zu. Da müssen wir keine Freunde oder dergleichen werden. Ich muss die GRÜNEN auch nicht heiraten. Aber ich darf beobachten, dass sich GRÜNEN-Abgeordnete, wenn Abgeordnete oder Mitarbeiter der AfD-Fraktion in Aufzüge treten, demonstrativ wegdrehen und nicht einmal grüßen. GRÜNEN-Abgeordnete verweigern Abgeordneten- Kollegen im Ausschuss den Handschlag bis hin dazu, dass sie sich der Peinlichkeit hingeben und nach Desinfektionsmittel rufen, weil man einem AfD-Kollegen die Hand geschüttelt hat. Ich muss ganz ehrlich sagen: Das ist unterirdisch und spricht von Ihrer Unkultur.
Auch möchte ich wissen: Geloben Sie Besserung als GRÜNEN-Fraktion, wenn Sie hier meinen, wie wir miteinander umgehen, präge die Diskussionskultur?
(Beifall bei der AfD)
Präsidentin Ilse Aigner: Herr Kollege Mistol.
Jürgen Mistol (GRÜNE): Herr Köhler, ich weiß gar nicht, warum Sie hier so wehleidig reagieren. Die neuen Regeln, die wir heute auf den Weg bringen, gelten für alle Fraktionen. Ihr Jägerlatein, das Sie gerade vorgebracht haben, beeindruckt mich gar nicht.
(Beifall bei den GRÜNEN)