Herr Präsident, Kolleginnen und Kollegen!
Auf der kommunalen Ebene werden die wirklich wichtigen Entscheidungen getroffen, das möchte ich hier vorausschicken. Insofern ist es gut und richtig, sich beizeiten mit den Erfahrungen der Kommunalwahl 2014 zu beschäftigen und die richtigen Schlüsse daraus für das Jahr 2020 zu ziehen. Wir müssen hier für Klarheit sorgen. Die wesentlichen Punkte wurden dem Innenausschuss bereits im Frühjahr in Form eines Erfahrungsberichts vorgestellt. Viele dieser Punkte finden sich jetzt in diesem Gesetz. Vieles ist sinnvoll und notwendig, über manches lässt sich diskutieren. Manche Punkte wurden auch gar nicht berücksichtigt.
Unumstritten ist sicherlich die Abschaffung von Listenverbindungen, ein Relikt des Kommunalwahlrechts, das ursprünglich als Schutzregelung für kleine Wahl- vorschlagsträger gedacht war. Bei der letzten Kommunalwahl haben diese Listenverbindungen doch ihren Sinn verloren, weil die Sitzverteilung nach dem Verfahren Hare-Niemeyer erfolgt ist. Zu begrüßen sind auch die Regelungen in Artikel 19 des Gemein- de- und Landkreiswahlgesetzes zur Verfahrensweise bei weniger als 50 Abstimmenden bei der Urnenwahl in einem Stimmbezirk sowie die Neuregelung zur Gültigkeit der Briefwahl bei Verlust der Wahlberechtigung. Wir GRÜNE sehen allerdings noch Diskussionsbedarf bezüglich der Abschaffung der Wählbarkeitshindernis- se von amtierenden Bürgermeistern und Landräten. Hier stellt sich die Frage, ob diese Regelung tatsächlich zur Stärkung des passiven Wahlrechts beiträgt, indem die Wählerinnen und Wähler über die Ernsthaftigkeit einer Kandidatur selbst entscheiden, oder ob mit dieser Regelung nur Scheinkandidaturen legitimiert werden.
(Beifall bei den GRÜNEN)
Obwohl im Erfahrungsbericht zur Kommunalwahl ausdrücklich vorgeschlagen, findet die Abschaffung der Möglichkeit der Verdoppelung der Bewerberzahlen in Gemeinden bis zu 3.000 Einwohnern keine Berücksichtigung. Auch hier besteht aus unserer Sicht Nachbesserungsbedarf. Von der Initiative bleiben ebenso Probleme bei der Durchführung von Aufstellungsversammlungen für die Wahllisten unangetastet. Hier kommt es immer wieder zu Unklarheiten, was die Wahlberechtigung der Teilnehmerinnen und Teilnehmer betrifft. Wir brauchen hier eindeutige Regelungen für eine wirksame Einberufung, um spätere Wahlanfechtungen zu vermeiden.
Wir GRÜNEN sehen es positiv, dass Sie das Rede- recht in der Bürgerversammlung gemäß Artikel 18 der Gemeindeordnung erweitern. Künftig sollen nicht nur die Gemeindebürger und -bürgerinnen, sondern alle Gemeindeangehörigen ohne einen vorherigen Beschluss der Bürgerversammlung vom Rederecht und dem diesem gleichzusetzenden Antragsrecht Gebrauch machen können, um ihre Anliegen vorzubringen. Dennoch wird auch weiterhin Nicht-EU-Ausländern sowie Kindern und Jugendlichen ein Stimmrecht in der Bürgerversammlung verwehrt. Das könnten wir wesentlich besser machen. In diesem Zusammen- hang verweise ich auch auf die Bayerische Verfassung. Dort ist in vielen Sätzen von jedem Bewohner Bayerns die Rede, zum Beispiel habe jeder Bewohner Bayerns das Recht, sich mit Bitten und Beschwerden an den Landtag zu wenden. Hier wird nicht nach der Nationalität unterschieden. Jeder, der hier wohnt, hat dieses Recht. Das würde ich mir auch für dieses Gesetz wünschen.
(Beifall bei den GRÜNEN)
Wir GRÜNEN sind schon zu Beginn dieser Legislaturperiode mit unseren Vorschlägen einen Schritt weiter gegangen. Bei dieser Gelegenheit möchte ich darauf hinweisen, dass Änderungen zum Bezirkswahlgesetz in diesem Gesetzentwurf gänzlich fehlen. Bei unserer noch nicht allzu lange zurückliegenden Diskussion über das passive und das aktive Wahlrecht für Unionsbürgerinnen und Unionsbürger bei der Bezirkswahl war ich optimistisch, dass Sie sich auch in dieser Richtung ein bisschen bewegen würden. Das ist leider ausgeblieben. Wir werden uns damit noch beschäftigen müssen.
Kolleginnen und Kollegen, in der Kürze der Zeit ist es mir nicht möglich, auf alle Punkte dieses umfassenden Gesetzeswerkes einzugehen. Zum Beispiel kann ich mich nicht mehr zur Nachwahl, zu Gerechtigkeitslücken bei Freistellungsansprüchen oder zum Wahlalter äußern. Umso mehr freue ich mich auf eine vertiefte Diskussion in den Ausschüssen.
(Beifall bei den GRÜNEN)