Herr Präsident, Kolleginnen und Kollegen!
Wer sein Zuhause verliert, der verliert Sicherheit, soziale Beziehungen und oft auch die Chance, im Viertel oder auch im Dorf zu bleiben. Ein Land, das sich die soziale Marktwirtschaft auf die Fahnen schreibt, darf beim Schutz von Mieterinnen und Mietern nicht auf halbem Weg stehen bleiben. Mit diesem Dringlichkeitsantrag wird gefordert, die bayerischen Spielräume beim Genehmigungsvorbehalt für die Umwandlung von Miet- in Eigentumswohnungen voll auszuschöpfen. Das ist möglich und aus unserer Sicht auch überfällig.
(Beifall bei den GRÜNEN)
Kolleginnen und Kollegen, der Druck auf dem Mietwohnungsmarkt hat in den letzten Jahren massiv zugenommen, während bezahlbare Wohnungen rarer wurden. Immer mehr Haushalte müssen bald mehr als ein Drittel ihres Einkommens für die Miete ausgeben. Gerade in Gebieten mit einem angespannten Wohnungsmarkt ist die Umwand- lung in Eigentum ein Treiber für Verdrängung. Wer es mit sozialer Wohnungspolitik ernst meint, der muss hier gegensteuern.
(Beifall bei den GRÜNEN)
Zwei Punkte sind uns dabei besonders wichtig, nämlich Verlässlichkeit und die Gleichbehandlung der Bürgerinnen und Bürger. Es geht darum, dass Regeln nicht nur auf dem Papier gut klingen, sondern dass sie dauerhaft in der Praxis schützen, und zwar alle, die von dem angespannten Wohnungsmarkt betroffen sind.
Erstens, Verlässlichkeit. Der Bund erlaubt eine Verlängerung der Umwandlungsschutzregelungen um bis zu fünf Jahre. Die Staatsregierung will jedoch nur eine Verlängerung um ein Jahr bei der Gebietsbestimmungsverordnung und eine Verlängerung um drei Jahre beim Genehmigungsvorbehalt für die Umwandlung von Miet- in Eigentumswohnungen.
Wie sollen sich denn Kommunen, Mieterinnen und Mieter auf Schutzinstrumente ver- lassen können, wenn diese im Jahres- oder im Dreijahrestakt politisch zur Disposition gestellt werden, vom bürokratischen Aufwand ganz zu schweigen? Bei der Mietpreis- bremse erleben wir seit Jahren genau dieses Muster. Sie wurde mehrfach befristet eingeführt, verlängert und nachjustiert. Jetzt wurde sie erneut bis ins Jahr 2029 verlän- gert. Der Wohnungsmarkt ist nach wie vor angespannt.
Wenn das Ziel "bezahlbare Wohnungen in angespannten Märkten" über die Jahre gleich bleibt, müssen wir dann ständig über das Ob und Wie verhandeln, statt den Ländern einen stabilen und langfristigen Rahmen zu geben und diesen in Bayern konsequent auszuschöpfen?
Zweitens, Gleichbehandlung. Nach aktueller bayerischer Linie sollen die strengen Umwandlungsvorgaben nur für Gebäude mit mehr als zehn Wohnungen gelten. Die Ermächtigung im Baugesetzbuch erlaubt längst, den Genehmigungsvorbehalt schon ab mehr als drei Wohnungen zu ziehen. Genau das wird mit dem Dringlichkeitsantrag der SPD gefordert, und genau das unterstützen auch wir GRÜNE. Ganz ehrlich: Ist denn die Mieterin oder der Mieter in einem Vier-Familien-Haus weniger schützenswert als ein Mieter oder eine Mieterin in einem 20-Parteien-Block? Gerade in kleineren Häusern sind die sozialen Netzwerke oft eng. Dort sind Nachbarschaften gewachsen, sodass eine Verdrängung besonders hart wäre. Das darf kein blinder Fleck der baye- rischen Verordnung bleiben. Wer künstlich den Schutz an einer Grenze von zehn Wohnungen festmacht, entscheidet politisch, dass ein großer Teil der Mieterinnen und Mieter außen vor bleibt.
Kolleginnen und Kollegen, wir GRÜNE fordern mehr Ernsthaftigkeit beim Kampf gegen überbordende Mietpreise. Die Staatsregierung sagt zwar, wir verlängern. Aber sie verlängert eben zu kurz, zu schwach, mit zu vielen Ausnahmen. Die Frage ist: Wollen wir wohlklingende Texte in Hochglanzbroschüren oder wollen wir wirklich alles tun, was rechtlich möglich ist, um Mieterinnen und Mieter vor Verdrängung zu schützen?
Deswegen stimmen wir diesem Dringlichkeitsantrag zu. Wir erwarten von der Staatsregierung mehr als Lippenbekenntnisse. Wer es ernst meint mit bezahlbarem Wohnen in Bayern, der muss in erster Linie sicher dafür sorgen, dass wieder genügend günstige Wohnungen neu entstehen. Er muss aber auch die Weichen so stellen, dass Menschen auch morgen noch in den Vierteln leben, können – sicher, bezahlbar und ohne Angst vor Verdrängung.
(Beifall bei den GRÜNEN sowie Abgeordneten der SPD)
Jürgen Mistol (GRÜNE): Herr Staatsminister Bernreiter, wir sind uns einig, dass wir die Eigentumsquote erhöhen wollen. Ich stelle aber auch fest, dass nicht nur die von Ihnen kritisierte letzte Bundesregierung
(Unruhe – Glocke des Präsidenten)
das nicht geschafft hat, sondern auch die vielen unionsgeführten Bundesregierungen vorher nicht. Ich bin jetzt seit zwölf Jahren im Landtag und kenne viele Wohnraumziele, selbst der Bayerischen Staatsregierung. Deshalb habe ich eine konkrete Frage: Hat die Staatsregierung die selbst gesteckten Wohnbauziele auch in Zeiten – und in den letzten zwölf Jahren waren viele solcher Zeiten –, als die Baukonjunktur wirklich noch gebrummt hat, jemals erreicht? Und, wenn ja, in welchem Jahr soll das gewesen sein?