Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen!
Zwar ist b) ein kleiner Buchstabe, hat aber manchmal katastrophale Folgen.
(Beifall bei den GRÜNEN)
Still und heimlich ist es der CSU – ich bitte, das den nicht anwesenden Kolleginnen und Kollegen auszurichten; der Parlamentarische Geschäftsführer wird das sicher tun – gelungen, auf Bundesebene in den Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Baugesetzbuchs und weiterer Gesetze einen Passus hineinzumogeln, der dem Flächenfraß in unserem Land Tür und Tor öffnen würde.
(Beifall bei den GRÜNEN)
Kolleginnen und Kollegen, beim Thema "Sparsamer Umgang mit Grund und Boden" verstehen wir GRÜNE keinen Spaß; da ist für uns GRÜNE Widerstand Pflicht.
(Beifall bei den GRÜNEN)
Auf Initiative Bayerns und der CSU wurde in den Referentenentwurf zur Novelle des Baugesetzbuches ein neuer § 13b eingefügt. Dadurch sollen Siedlungserweiterungen im Anschluss an im Zusammenhang bebaute Ortsteile im vereinfachten Verfahren nach § 13a für Bebauungspläne der Innenentwicklung ermöglicht werden. Dies steht in fundamentalem Widerspruch zu den Errungenschaften des Umweltrechts und dessen Niederschlag im Baugesetzbuch, wie die Vereinigung für Stadt-, Regional- und Landesplanung sowie der Bund Deutscher Landschaftsarchitekten in einer gemeinsamen Stellungnahme feststellten. – So urteilen also die Fachleute über das, was Sie, liebe Kolleginnen und Kollegen von der CSU, vorhaben.
(Beifall bei den GRÜNEN)
Kolleginnen und Kollegen, wirklich am meisten ärgert mich, dass dadurch die eigentliche und sehr begrüßenswerte Zielsetzung des Gesetzesvorhabens, die Stärkung der Innenentwicklung in den Stadt- und Ortszentren, zur Farce zu verkommen droht. Was war denn die eigentliche Intention der Bundesbauministerin? – Durch die Novelle soll den Kommunen ein neues, wirksames Instrument zum Umgang mit dem anhaltenden Zuzug in Ballungsräumen an die Hand gegeben werden. Herzstück ist dabei der neue Bau- gebietstyp "Urbanes Gebiet". In diesem urbanen Gebiet soll dichter und höher gebaut werden können; es soll ein Miteinander von Wohn- und Gewerbenutzung möglich sein. Das Leitbild einer Stadt bzw. eines Ortes mit kurzen Wegen, Arbeitsplätzen vor Ort und einer guten sozialen Mischung soll umgesetzt werden. In urbanen Gebieten sollen Kommunen künftig die Möglichkeit erhalten, auch in stark verdichteten Quartieren und sogar in einem gewerblichen Umfeld Wohnungen zu bauen und Gebäude für Wohnzwecke umzunutzen. Das sind wirklich sinnvolle Ziele, muss man sagen.
(Beifall bei den GRÜNEN)
Doch dann hat die CSU sich offenbar gedacht: Das ist ja eine Riesenidee; beschleunigtes Bauen – das machen wir doch gleich auch im Außenbereich; bei der Siedlungsentwicklung an den Ortsrändern sparen wir
uns doch gleich noch die bisher notwendige Prüfung, ob eine Bebauung im Außenbereich überhaupt verträglich und alternativlos ist, das muss nämlich bisher gemacht werden; wir sparen uns die Umweltprüfung – so haben Sie sich gedacht –, die frühzeitige Beteiligung der Öffentlichkeit und auch der Fachbehörden. – Zu allem Überfluss sparen Sie auch noch den Ausgleich für Eingriffe in Natur und Landschaft. Das ist kontraproduktiv und läuft Ihren Zielen einer nach- haltigen Siedlungsentwicklung zuwider.
(Beifall bei den GRÜNEN)
Nebenbei gesagt: Dadurch werden auch landwirtschaftliche Flächen vernichtet. Das sollten Sie auch bedenken. Die Vorsitzende des Landwirtschaftsausschusses hört schon ganz interessiert zu.
(Beifall bei den GRÜNEN)
Kolleginnen und Kollegen, Fakt ist, die Intention des § 13a des Baugesetzbuchs, die Innenentwicklung sinnvoll zu fördern, wird damit unter Missachtung des 30-Hektar-Ziels der Bundesregierung konterkariert. Und dann versuchen Sie noch, das ganze Elend zu kaschieren. Die räumliche Begrenzung von entsprechenden Bebauungsplänen auf eine Grundfläche von jeweils bis zu 10.000 qm soll vorgaukeln, dass damit die schlimmsten Auswüchse einer ungehemmten Außenentwicklung verhindert werden sollen. Nicht verhindert wird damit jedoch eine Siedlungsentwicklung an mehreren Ortsrandgebieten, was einem Ausfransen der Siedlungen und damit einer Zersiedelung der Landschaft Vorschub leistet. Die Anwendung der bekannten Salamitaktik kann mit dieser Regelung eben- falls nicht ausgeschlossen werden.
Wir müssen bedenken, Deutschland hat über 11.000 Gemeinden mit durchschnittlich 30 Ortsteilen. Damit würden bis zum Ende des Jahres 2019 300.000 Hektar Wohnbaufläche am Außenrand von Ortsteilen möglich. Statistisch gesehen entspricht das einem Flächenverbrauch von 274 Hektar pro Tag in den nächsten drei Jahren, und das zusätzlich zu den Normalplanungen von Verkehrsflächen und Gewerbegebieten. Für Bayern würde diese Neuregelung konkret bedeuten, dass der tägliche Flächenverbrauch von 13 Hektar auf gut 51 Hektar ansteigen würde. Der Vorsitzende des Umweltausschusses, mein Kollege Dr. Magerl, hat zu Recht von einem Anschlag auf die freie Landschaft gesprochen.
(Beifall bei den GRÜNEN)
Kolleginnen und Kollegen, es ist überhaupt nicht not- wendig, so etwas zu machen; denn die bundesweiten Innenentwicklungspotenziale werden auf rund 165.000 Hektar geschätzt. Die Befristung des neuen § 13b des Baugesetzbuchs auf drei Jahre erweckt den Eindruck, die Auswirkungen könnten sich in einem überschaubaren Rahmen halten. Diese Befristung könnte jedoch insoweit zum Problem werden, als die Kommunen sie als Druck oder, wie es die CSU ausdrückt, als Chance empfinden könnten, innerhalb dieses Zeitfensters möglichst intensiv von dieser Regelung Gebrauch zu machen. Mit dieser Befristung lösen Sie doch eine regelrechte Bau- und Planungspanik aus, die das Gesicht der Landschaft nachhaltig verändern würde.
(Beifall bei den GRÜNEN)
Kolleginnen und Kollegen von der CSU, selbst in Ihren eigenen Reihen gibt es ja noch so etwas wie ein ökologisches Gewissen. Ich darf Ihren Bundestags- Kollegen Josef Göppel zitieren. Er sagt: Das ist ein Generalangriff auf die Schönheit und die Lebensqualität Bayerns, ein Freibrief für das Bauen auf der grünen Wiese. Ich füge hinzu: Das ist ein Angriff auf unsere Heimat.
(Beifall bei den GRÜNEN)
Wir fordern Sie deshalb auf: Stimmen Sie unserem Antrag zu! Helfen Sie mit, diesen sinnlosen Paragrafen ersatzlos aus dem Baugesetzbuch zu streichen! Ergreifen Sie endlich selbst Maßnahmen, um den Flächenfraß in Bayern zu stoppen! Wir brauchen kein vereinfachtes Verfahren für den Außenbereich, sondern endlich eine verbindliche Obergrenze für den Flächenverbrauch und ein klares Bekenntnis zu dem Grundsatz "Innen- vor Außenentwicklung". Außerdem brauchen wir eine geordnete städtebauliche Entwicklung. Liebe Kolleginnen und Kollegen, es ist höchste Zeit, verlorenen Boden gutzumachen.
(Beifall bei den GRÜNEN)