Frau Präsidentin, meine Damen und Herren!
Die Kommunalwahlen sind vorbei. Die kommunalen Gremien sind neu besetzt, verehrte Kolleginnen und Kollegen. Dennoch können nicht alle Parteien und Wählergruppierungen zufrieden sein. Das liegt jetzt nicht am Wahlergebnis. Da gibt es sicher auch einige, die vor Ort nicht zufrieden sein können. Aber ich meine etwas anderes. Es geht auch nicht um die Verteilung der Sitze in den Kommunalparlamenten. Diese wurden ja bei der Kommunalwahl 2014 erstmals nach dem Verfahren Hare-Niemeyer vergeben, was dem Stärkeverhältnis der Parteien nun endlich gerecht wird.
Nein, es ist etwas anderes. Es ist die Ausschussbesetzung, die vielerorts weiter für Unmut sorgt. Nur ein Beispiel aus meinem Wahlkreis Oberpfalz. Herr Kolle ge Reiß, Sie, glaube ich, gehören dem Kreistag Tirschenreuth an. Da hat es zum Beispiel die schöne Situation gegeben, dass die Mehrheit gesagt hat: Wir besetzen zwar die Ausschüsse nach Hare-Niemeyer, aber den wichtigen Kreisausschuss besetzen wir nach d’Hondt, mit dem Ergebnis, dass eine Fraktion dann überhaupt nicht vertreten ist. Solche Spielereien kommen halt in unseren Kommunalparlamenten immer wieder vor. Das halten wir GRÜNE nicht für in Ordnung.
(Beifall bei den GRÜNEN)
Kolleginnen und Kollegen, zwar soll bei der Bildung und Besetzung kommunaler Ausschüsse immer dem Stärkeverhältnis Rechnung getragen werden. Die Kommunalgesetze schreiben aber kein bestimmtes Verfahren vor, durch das die angestrebte Spiegelbildlichkeit erreicht werden soll. Die kommunalen Vertretungsorgane können daher das Verfahren durch Mehrheitsbeschlüsse in ihren Geschäftsordnungen regeln. Das Beispiel Tirschenreuth zeigt: Da geht es halt sehr kunterbunt zu, wie es der Mehrheit in diesem Kommunalparlament gerade in den Kram passt.
Logische Konsequenz daraus ist, dass die großen Mehrheitsfraktionen immer noch gerne dieses Höchstzahlverfahren nach d’Hondt anwenden, was bekanntermaßen zu massiven Verzerrungen der Spiegelbildlichkeit und zu extremen Benachteiligungen kleiner Fraktionen und Wählergruppen führt. Schließlich kann nach dem d’Hondtschen Verfahren eine große Partei nicht nur den Anspruch auf den nächsten nach oben gerundeten Sitz erhalten, sondern teilweise noch einen oder sogar noch mehrere Sitze darüber hinaus.
Kolleginnen und Kollegen, auf Landesebene wurde d’Hondt im Freistaat schon abgeschafft. Der Verfassungsgerichtshof hatte diese Form der Auszählung für verfassungswidrig erklärt. Auch die Ausschüsse im Bayerischen Landtag werden mittlerweile nach dem Sainte-Laguë/Schepers-Verfahren besetzt. Daher halten wir GRÜNEN es nur für folgerichtig, auch auf kommunaler Ebene analog zu verfahren.
(Beifall bei den GRÜNEN)
Mit unserem Gesetzentwurf auf Drucksache 17/2218 wollen wir in den Kommunalordnungen festschreiben, dass das Verfahren Hare-Niemeyer oder das Verfah ren Sainte-Laguë/Schepers zum Einsatz kommt, um dem Spiegelbildlichkeitsprinzip deutlich gerecht zu werden.
(Beifall bei Abgeordneten der GRÜNEN)
Welches der beiden Verfahren zum Einsatz kommt, kann vor Ort entschieden werden. Auch bei der Festlegung der Ausschussgröße soll ein Optimierungsgebot hinsichtlich der größtmöglichen Spiegelbildlichkeit eingefügt werden.
Darüber hinaus wollen wir mit unserem Gesetzentwurf erreichen, dass auch während der Wahlzeit eintreten de Bildungen oder Umbildungen von Ausschussgemeinschaften auszugleichen sind. Das ist ein Punkt, der nach wie vor umstritten ist. Die Kommunalgesetze sehen zwar vor, dass sich kommunale Mandatsträge rinnen und Mandatsträger zu Ausschussgemeinschaften zusammenschließen können; ungeklärt ist jedoch, ob nach geltendem Recht Ausschussgemeinschaften auch während der Wahlzeit neu gebildet werden können. Wir sollten das regeln und damit für Klarheit sorgen.
(Beifall bei den GRÜNEN)
Doch wir wollen nicht nur das Stärkeverhältnis der Parteien und Wählergruppen in den kommunalen Ausschüssen entsprechend berücksichtigen, sondern auch die Spiegelbildlichkeit bei der Besetzung der Kontrollgremien von kommunalen Wirtschaftsunter nehmen gewährleisten. Nach der Reform des Kommunalwirtschaftsrechts haben die Kommunen hin sichtlich der Organisationsform ihrer Unternehmen freie Wahl. Die Rechtsform einer Anstalt des öffentlichen Rechts wurde als Alternative zu den Rechtsformen des Eigenbetriebs einerseits und des Unternehmens des Privatrechts andererseits geschaffen. Im Gegensatz zum öffentlich-rechtlichen Eigenbetrieb kommt dem Kommunalunternehmen eigene Rechtsfähigkeit zu. Es kann daher gegenüber dem Eigenbetrieb freier auf dem Markt auftreten und darf im Rahmen der übertragenen Möglichkeiten - im Gegensatz zu Unternehmen in Privatrechtsform - öffentlich-rechtlich handeln.
Während bei der Bildung der Werksausschüsse von kommunalen Eigenbetrieben das Stärkeverhältnis der Parteien und Wählergruppen berücksichtigt werden muss, können die Verwaltungsräte von selbstständigen Kommunalunternehmen des öffentlichen Rechts ohne jegliche Rücksicht auf Minderheitsvertreter gebildet werden. Ich bin der festen Überzeugung: Diese Ungleichbehandlung ist sachlich nicht gerechtfertigt, da beide Organisationsformen für die gleichen Aufgaben in Betracht kommen. Es ist nicht ersichtlich, warum in dem einen Fall der Minderheitenschutz greifen soll, in dem anderen Fall aber nicht. Zudem steigt mit der zunehmenden Verselbstständigung der kommunalen Unternehmen das Kontrollbedürfnis. Wirksame Kontrolle erfordert die Mitwirkung auch der Minderheitsfraktionen in den Kontrollgremien.
Die Kommunalordnungen sehen bislang nicht vor, dass bei der Entsendung von Mandatsträgerinnen und Mandatsträgern das Stärkeverhältnis der Parteien und Wählergruppen zu berücksichtigen ist. Somit kann die Mehrheitsfraktion die Aufsichtsratsposten unter sich verteilen und die Minderheitsfraktionen bzw. -gruppierungen von jeglichen Kontrollmöglichkeiten ausschließen. Gerade der hochsensible Bereich der wirtschaftlichen Betätigung der öffentlichen Hand erfordert Transparenz und Kontrolle, die über die Beteiligung der Minderheitsfraktionen gewährleistet wer den muss.
(Beifall bei den GRÜNEN)
Dritter Punkt: Die zunehmende Verlagerung von kommunalen Kompetenzen auf Zweckverbände darf nicht dazu führen, dass die Minderheitsfraktionen der beteiligten Gebietskörperschaften keinerlei Einfluss mehr auf die Entwicklung in den betreffenden Bereichen ausüben können. Die Verwaltung der Zweckverbände durch politisch homogen zusammengesetzte Verbandsversammlungen führt nur zu wenig transparenten Strukturen und verhindert eine wirksame Kontrolle. Daher muss auch bei der Entsendung von Vertreterinnen und Vertretern in die Verbandsversammlung das Stärkeverhältnis der Parteien und Wählergruppen Berücksichtigung finden.
(Beifall bei den GRÜNEN)
Das entspricht übrigens der Regelung, wie sie in einem vergleichbaren Bereich, der Zusammensetzung der Gemeinschaftsversammlung in Verwaltungsgemeinschaften, bis heute gilt.
Vierter Punkt: Bei den Sparkassen als kommunalen Wirtschaftsunternehmen eigener Art wie auch bei den anderen kommunalen Unternehmen ist es problematisch, dass die Minderheitsfraktionen des jeweiligen Trägers von der Vertretung im Verwaltungsrat ausgeschlossen werden können. Durch eine entsprechende Änderung des Artikels 8 des Sparkassengesetzes soll gewährleistet werden, dass bei der Besetzung der Sparkassenverwaltungsräte die Stärke der Fraktionen des jeweiligen Trägers wieder berücksichtigt werden muss.
(Beifall bei den GRÜNEN)
Kolleginnen und Kollegen, eine Berücksichtigung des Stärkeverhältnisses aller Fraktionen des Trägers führt zu mehr Transparenz und Kontrolle. Unser Gesetzentwurf ergänzt daher den Vorstoß der SPD-Fraktion, den wir kürzlich besprochen haben, die Aufsicht in den Verwaltungsräten der Sparkassen zu verbessern und eine Mitarbeiterbestimmung in den Sparkassen einzuführen, wie wir GRÜNE es bereits im Jahr 2009 im Rahmen der Änderung des Landesbankgesetzes gefordert haben.
Angesichts des Gebots der Spiegelbildlichkeit erachte ich unsere Gesetzentwürfe als notwendige, überfällige, aber maßvolle Korrekturen der bestehenden Kommunalgesetze, die in diesem Haus unumstritten sein sollten.