Der Freistaat Bayern gehört bundesweit zu den Spitzenreitern beim Flächenverbrauch. 11,6 Hektar – etwa 16 Fußballfelder – Äcker, Wiesen und Wälder werden in Bayern täglich unter Beton und Asphalt begraben. Damit ist der aktuelle Verbrauch mehr als doppelt so hoch als die angestrebten fünf Hektar Fläche pro Tag. „Am Sonntag redet Söder vom behutsamen Umgang mit Wiesen und Äckern und am Montag betoniert er sie munter weiter, als gäbe es kein Morgen“, so der grüne Fraktionsvorsitzende Ludwig Hartmann. „Jahrzehntelanges politisches Laissez-faire, maximale Unverbindlichkeit beim Flächenverbrauch und die reine Beschränkung auf einzelne Modellvorhaben haben dazu geführt, dass Bayern täglich weiter ein Stück seines Gesichts verliert.
Das Herz einer starken Dorfgesellschaft schlägt in der Mitte. Die Staatsregierung muss aufhören, Flächenfraß auf der grünen Wiese zu subventionieren. Das blutet unsere Ortskerne aus! Wir bekämpfen den „Donut-Effekt“, unser Ziel ist der gefüllte Krapfen: Das Beste steckt im Kern! Wer beispielsweise ein altes oder leerstehendes Haus im Ortskern saniert, sollte einen „Anpacker-Bonus“ über die Eigenheimförderung bekommen. Denn stärken wir den Kern, strahlt das auf den ganzen Ort aus.“
Gleichzeitig mangelt es in Bayern an Wohnraum – vor allem in Städten und Ballungsräumen, aber „auch im ländlichen Raum, dort fehlt vor allem ein vielfältiges Wohnungsangebot für unterschiedliche Bevölkerungsgruppen und Lebensphasen“, so der wohnungspolitische Sprecher Jürgen Mistol. „Der pauschale Ruf der CSU nach mehr Bauen missachtet aber, dass es zum einen in Bayern starke regionale Unterschiede gibt, zum anderen es generell mehr Wohnungsangebote in niedrigen Preissegmenten braucht. Entscheidend ist deshalb, wo und was gebaut wird. Bisher konnte die Staatsregierung mit ihrem Mantra ‚Bauen, bauen, bauen‘ die gravierenden wohnungspolitischen Probleme in Bayern kein Stück lösen. Die Menschen brauchen einvielfältiges und dauerhaft stabiles Wohnungsangebot, das für unterschiedliche Bevölkerungsgruppen und Lebensphasen ein echtes Zuhause bietet – und keine rasterartig angelegten und monotonen Neubausiedlungen auf der grünen Wiese. Wir Grüne bringen Flächensparen und Wohnbau in Einklang. Mit Innen statt Außen, bayernweitem Flächen- und Innenentwicklungsmanagement, maßvoller Nachverdichtung und flächensparendem Bauen.“
Der gestiegene Bedarf an Wohnraum und die notwendige Reduktion des Flächenfraßes erscheint auf den ersten Blick als unlösbares Dilemma. Für uns Grüne aber sind sie zwei Seiten derselben Medaille. Deshalb haben wir eine Studie mit dem Titel „Flächensparen und Wohnraumversorgung“ in Auftrag gegeben, die Prof. Dr. Manfred Miosga auf unserer Pressekonferenz vorgestellt hat. Der Grüne 10-Punkte-Plan wird dann konkret aufzeigen, wie der Freistaat Bayern die Vorgabe, nur fünf Hektar Fläche am Tag zu verbrauchen, mit dem Ziel, ausreichend Wohnraum zu schaffen, vereinen kann.
Grüner 10-Punkte-Plan:
- Um eine nachhaltige Bereitstellung der für bauliche Zwecke benötigten Fläche zu erreichen, muss ein bayernweites Flächen- und Innenentwicklungsmanagement etabliert und staatlich gefördert werden.Dazu gehört die Einrichtung von Agenturen für Innenentwicklung auf Landkreisebene, die Kommunen bei der Mobilisierung von Potenzialen unterstützt, einen interkommunalen Ansatz verfolgt und als „Scharnier“ zur Regionalplanung bzw. den Bezirksregierungen fungiert.
- Das rechtliche Instrumentarium zur Mobilisierung von Innenentwicklungspotenzialen wird nur sehr selektiv genutzt. Sei es aufgrund der komplexen Verfahren oder damit verbundener Eingriffe ins Eigentum. Deshalb braucht es Unterstützung bei der Anwendung planungsrechtlicher Instrumente, ergänzt durch Fortbildungsangebote für Verwaltungen. Das gilt auch für die Erstellung von Bebauungsplänen im Innenbereich als wichtiges Instrument zur geordneten Nachverdichtung, da die Planung im bestehenden Baurecht zeit- und kostenintensiver ist.
- Die Entbürokratisierung der Baugesetze und die Abschaffung der Ortsplanungsstellen bei den Regierungen hat zu einem Verlust an Baukultur geführt. Um die Kommunen bei der Erstellung ihrer Flächennutzungs- und Bebauungspläne beraten zu können, sollten die Ortsplanungsstellen bei den Regierungen wiederbelebt und die Genehmigung der Bauleitpläne wieder auf Ebene der Regierungsbezirke verlagert werden.
- Die Bereitstellung von angemessenem und dauerhaft preisgebundenem Wohnraum spiegelt den Wunsch breiter Bevölkerungsschichten wider und ist für den gesellschaftlichen Zusammenhalt von großer Bedeutung. Die Herausforderung ist es, bedarfsgerechten Wohnraum mit der Reduktion der Flächenneuinanspruchnahme zu vereinbaren. Hier braucht es ein Angebot vielfältiger und dauerhaftpreisstabiler Wohnungen, das den Bedürfnissen einer modernen, sozial- und umweltgerechten Gesellschaft entspricht. Dazu gehört:
- Ausweitung des öffentlichen geförderten Mietwohnungsbaus
- Förderung von Genossenschaften und neuen Wohnformen
- Förderung kommunaler Wohnungsbau
- Innentwicklungs- und Leerstandsbonus bei der Eigenheimförderung
- Die bisherige Strategie der Staatsregierung, beim Flächensparen auf weiche Ziele und Freiwilligkeit zu setzen, trägt nicht zur Reduzierung des Flächenverbrauchs bei. Im Gegenteil: der Flächenverbrauch nimmt wieder zu. Für einen baukulturellen Pfadwechsel braucht es eine planerische Rahmensetzung. 5 Hektar ist als verbindliches Ziel im Landesplanungsgesetz auszuformulieren und mit einem zeitlichen Horizont zu versehen. Bis 2026 muss die Reduzierung der Flächeninanspruchnahme verbindlich reduziert und bis 2050 eine Flächenkreislaufwirtschaft etabliert werden.
- Hierfür ist die Schaffung einer belastbaren Datenbasis Um die Innenentwicklungspotenziale zu erfassen und zu pflegen, soll das Rauminformationssystem Bayern (RISBY) zu einem Flächenmonitoringsystem ausgebaut werden. Diese Datenbasis ist die Grundlage für eine regionale Strategie zur Reduktion der Flächeninanspruchnahme und sollten den Kommunen als Grundlage für das Innenentwicklungsmanagement zur Verfügung stehen.
- Um einen kulturellen Wandel im Umgang mit Fläche anzustoßen, muss basierend auf der Regionalplanung und unter Einbezug regionaler Wohnraumbedarfsanalysen die Errechnung indikativer Richtgrößen („Wege zu einem besseren LEP“; 50 Prozent, Kommune 50 Prozent regionales Entwicklungskonzept) zur Einhaltung des 5ha-Ziels und als Voraussetzung für die Zuteilung von Flächenkontingenten vorgenommen werden.
- In Räumen mit heute und in Zukunft stagnierender oder schrumpfender Bevölkerung sollen Anreize geschaffen werden, bestehendes Bauland zurückzunehmen. Dies soll mittels einer staatlichen Flächenbank mit „Kontosystem“ geschehen, um den Grundstein für eine Flächenkreislaufwirtschaft zu legen.
- Zur Umsetzung der geplanten Maßnahmen ist eine intensive Kooperation aller Beteiligten unerlässlich, um neben der notwendigen Rahmensetzung auch Beteiligung und Verhandlung zu gewährleisten. Die Regionalplanung ist dafür die geeignete Ebene, da sie zudem kommunal verfasst ist. Die Regionalplanung ist folglich institutionell und personell zu stärken, um den Prozess der Verteilung von Flächenkontingenten sowie die Ermittlung der Wohnflächenbedarfe zu organisieren.
- Die Veränderung im Umgang mit Flächen und Bauformen braucht neben konkreten administrativen Maßnahmen vor allem einen kulturellen Wandel. Dies kann nur durch einen gesellschaftlichen Diskurs geschehen, der verlässliche Rahmenbedingungen erzeugt, Vorbehalte abbaut und konstruktive Lösungen erarbeitet. Dieser Transformationsprozess braucht neue Formen der Partizipation und des Aushandelns, beispielsweise in Form eines Runden Tisches.