Grußwort Jürgen Mistol zum
Tschechisch-bayerisches Abgeordnetentreffen
Anrede
Ein herzliches Willkommen hier in Cham auch von meiner Seite. Ich freue mich, dass Sie unserer Einladung gefolgt sind, und wir die Gelegenheit wahrnehmen können, uns zu Themen auszutauschen, die uns in der ehemaligen Grenzregion, und überhaupt in Bayern und in der Tschechischen Republik beschäftigen. Wenn es um das tschechisch-bayerische Verhältnis geht, sind es oftmals sehr handfeste Themen, von denen die Menschen, die uns gewählt haben, erwarten, dass wir sie lösen.
Eines dieser Themen ist die Bahnverbindung zwischen Prag und München, über Cham und Furth im Wald. Es ist den Menschen beiderseits der Grenze, insbesondere denen, die den Zug nutzen oder nutzen wollen, schwer zu erklären, dass der Ausbau dieser Bahnstrecke auf tschechischer Seite, zweigleisig und elektrifiziert, bis 2030 fertiggestellt sein wird, wir auf deutscher Seite aber erst vor kurzem mit den Planungen begonnen haben. Wir werden weiter Druck machen, dass die Infrastruktur auch auf bayerischer Seite so schnell wie möglich auf Vordermann gebracht wird. Wir wollen bis dahin aber nicht warten, sondern Verbesserungen dort, wo sie schnell umzusetzen sind, zügig voranbringen.
Ab 2028 soll beim „Bavorský expres“, dem Zug zwischen München und Prag, neues Wagenmaterial zum Einsatz kommen, sogar ein Bord-Bistro ist vorgesehen in der aktuellen Ausschreibung, die das tschechische Verkehrsministerium und die Bayerische Eisenbahngesellschaft (BEG) erstmals gemeinsam durchführen. Die Zahl der Sitzplätze soll jedoch nur gering erhöht werden, obwohl schon heute vor allem an Freitagen und an Sonntagen die Züge oft proppenvoll sind. Hierzu werde ich kommende Woche nochmals das Gespräch mit der BEG suchen, um Verbesserungen zu erreichen. Wenn die Fahrzeit schon lange dauert, dann sollen Fahrgäste wenigstens so viel Komfort haben, wie er in mitteleuropäischen Zügen heute Standard ist.
Ein weiteres Thema, bei dem es sich lohnt zusammenzuarbeiten, ist die Frage, wie wir als freiheitliche Demokratien mit der aktuellen Bedrohungslage umgehen. Bedroht sind unsere Demokratien, unsere Sicherheit, unsere Freiheit, nicht nur militärisch, sondern auch durch gezielte Desinformationskampagnen aus Russland. Die Erfahrungen des Zweiten Weltkriegs mahnen uns, nie wieder wehrloses Opfer zu sein. Ich bin der festen Überzeugung: Das müssen wir in Europa selbst hinbekommen, wir können uns nicht darauf verlassen, dass uns die Vereinigten Staaten im Fall der Fälle schon zur Hilfe kommen werden. Und wir sollten die Ukraine noch stärker unterstützen als bisher.
Russland hat in der Vergangenheit gerade im Energiebereich (Gas, Öl aber auch Atom) wirtschaftliche Abhängigkeiten befördert. Allein Bayern importierte 2021 Erdgas und Erdöl für 5,6 Milliarden Euro aus Russland. Heute unterstützt Russland sehr gezielt Parteien und Politiker in den Staaten Mittel- und Westeuropas auch finanziell und nutzt Informationskanäle, um bei den Menschen in unseren beiden Ländern durch Narrative und Verschwörungsmythen Unsicherheit zu erzeugen und Zweifel zu säen, dass demokratische Systeme in der Lage sind, die Probleme der Menschen zu lösen. Lassen Sie uns solche Desinformationen besser und schneller erkennen, als solche benennen und dafür sorgen, dass sie nicht weiterverbreitet werden.
Ich möchte zum Schluss Václav Havel zitieren, der einst gesagt hat: „Wahrheit und Liebe müssen siegen über Lügen und Hass“. Das ist heute wichtiger denn je. Wir müssen unsere Demokratien widerstandsfähig gegenüber den Feinden der Demokratie, ob sie nun im Kreml sitzen, im Bayerischen Landtag, im Abgeordnetenhaus des tschechischen Parlaments, im Senat oder wo auch immer. Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.