Zum Thema „Gemeinsam für die Zukunft? Tschechien ein Jahr nach den Wahlen und inmitten der EU-Ratspräsidentschaft“ diskutierte Jürgen Mistol mit Frau Dr. Lizcová, der Inhaberin am Lehrstuhl für deutsch-österreichische Studien der Karlsuniversität in Prag, und Herr Dr. Weichsel, Journalisten für Zeitschrift OSTEUROPA, unter Moderation von Sebastian Lambertz zu den Schwerpunkten Energie-, Sicherheits- und Migrationspolitik im deutsch/bayerisch-tschechischem Kontext. Die Veranstaltung wurde in Zusammenarbeit der Petra-Kelly-Stiftung, der Deutschen Gesellschaft für Osteuropakunde, des Adalbert-Stifter-Vereins und der VHS in Weiden organisiert.
Im Mittelpunt standen dabei das erste Amtsjahr der neuen tschechischen Regierung und der aktuelle Vorsitz des europäischen Rates, den Tschechien noch bis Ende des Jahres innehat. Vor diesem Hintergrund wurden die aktuelle Situation in Tschechien, und die Auswirkungen auf die europäische Politik und insbesondere die deutsch-tschechische Beziehungen reflektiert.
Zuerst wurde die Energiepolitik besprochen, die schon immer in den deutsch-tschechischen Beziehungen ein kontroverses Thema ist und war. Die Nachbarländer Tschechien und Deutschland haben eine unterschiedliche Perspektive und Herangehensweise beim Therma Energie. Zur Stärkung der erneuerbaren Energien wurde in beiden Ländern die Gas-Energieerzeugung als Übergangstechnologie favorisiert. In Folge des russischen Angriffskriegs auf die Ukraine wurde dieser Plan zunichte gemacht und die beiden Länder verfolgen jetzt unterschiedliche Wege. Tschechien setzt anders als Deutschland langfristig auf die Kernenergie und plant neben dem Ausbau der erneuerbaren Energie auch den Ausbau von nuklearen Reaktoren zusätzlich zu den bereits vorhandenen Atomkraftwerken. Aus diesem Grund ist ein neues Spannungsfeld zwischen den Nachbarländern entstanden, dass nur schwierig aufzulösen ist.
Auch beim zweiten Thema der Diskussion, der Sicherheitspolitik, sind sich Tschechien und Deutschland nicht einig. Die Notwendigkeit und der Umfang der Waffenlieferung an die Ukraine wurden am Anfang des Kriegs von beiden Seiten unterschiedlich bewertet und gehandhabt. In Tschechien konnte man das zögerlichen Verhalten Deutschlands nicht verstehen, was eine große Auswirkung auf die Bewertung der deutschen Politik bei der tschechischen Bevölkerung hatte.
Erst beim dritten Thema der Diskussion, der Migrationspolitik, haben die Parlamenten der beiden Nachbarländer (zumindest in der letzten Zeit) eine ähnliche Auffassung. Trotz dieser Tatsache gab es bei der Diskussion viele Punkte zu besprechen – insbesondere die unterschiedliche Behandlung der Geflüchteten aus der Ukraine im Vergleich zu anderen Geflüchteten und deren Rechte im jeweiligen Asylland. Die Ursache des ukrainischen Flüchtlingsstroms, der russischer Angriffskrieg in der Ukraine, erhöhte das Interesse der tschechischen Gesellschaft an der EU und dadurch auch an den deutsch-tschechischen Beziehungen und der Zusammenarbeit. Die Diskutierenden waren sich einig, dass eine Einigung bei vielen Themen zwischen den Nachbarländer Deutschland und Tschechien schwierig ist, nichtsdestotrotz ist ein Austausch auf allen Ebenen enorm wichtig, muss immer wieder vorangetrieben werden und regelmäßig stattfinden.